Hybrides Arbeiten: Führung und Zusammenarbeit im „new normal“

Wer gedacht hat, nach der Pandemie wird alles wie zuvor, hat sich getäuscht – laut einer Studie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft möchten nur 25 % der Mitarbeitenden über alle Branchen und sogar nur 3 % der Mitarbeitenden in Digitalunternehmen zurück zum alten Präsenz-Modell. Alle anderen präferieren flexibles und hybrides Arbeiten. Das merken auch die Personaler:innen in Bewerbungsgesprächen: viele berichten davon, dass ausschlaggebend für die Absage von Bewerber:innen war, dass nicht 100 % flexible Arbeitsmodelle angeboten wurden.

Hybrides Arbeiten als „new normal“

Die Wünsche der Mitarbeitenden gehen weit auseinander. Ca. 10 % wünschen sich, vollständig aus dem Homeoffice zu arbeiten, die meisten Mitarbeitenden sprechen sich allerdings für hybrides Arbeiten aus und wollen pro Woche 2 oder 3 Tage zu Hause bleiben können. Die Gründe für den Wunsch nach mehr Flexibilität und keiner Rückkehr zur Präsenzpflicht sind divers – der Wegfall des Arbeitswegs und die bessere Vereinbarkeit von Beruf und privaten Verpflichtungen liegen weit vorne.

Und den Unternehmen sind während der Pandemie die Argumente gegen Homeoffice weitgehend abhanden gekommen – die Mitarbeitenden wurden mit Beginn des ersten Lockdowns ins Homeoffice gezwungen, sie haben diese Situation mitgetragen und es hat weitgehend gut bis sehr gut funktioniert. Warum also wieder zu 100 % ins Büro gehen?

Feste Bürotage oder Flexibilität?

Natürlich gibt es die Unternehmen, die alle Mitarbeitenden ins Office zurückholen und kein hybrides Arbeiten anbieten. Zuletzt hat Elon Musk es vorgemacht – die Schlagzeile „Wer nicht ins Büro kommt, fliegt“ hat kontroverse Diskussionen hervorgerufen. Zu sagen, Mitarbeitende, die aus dem Homeoffice arbeiten wollen „sollen woanders so tun, als würden sie arbeiten“ ist nicht fair und entspricht vor allem nicht der Arbeitsrealität. Und eine Führungskraft, die nicht unterscheiden kann, ob Mitarbeitende nur tun, als würden sie arbeiten oder tatsächlich Ergebnisse liefern, führt m. E. nicht richtig.

Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden wertschätzen und Führungskräfte, die ihre Teams führen und unterstützen, müssen sich also Gedanken über ein zukunftsfähiges, hybrides Arbeitsmodell machen, das den Mitarbeitenden ein gewisses Maß an Flexibilität bietet, in dem aber auch die Online-Zusammenarbeit langfristig funktioniert.

Für feste Bürotage spricht, dass dann das Team an ein, zwei oder drei Tagen gleichzeitig im Büro ist. Bei voller Flexibilität wird es eher selten vorkommen, dass sich alle gleichzeitig auf den Weg ins Büro machen. Das ist aber bei guter Planung auch gar nicht notwendig: Viel wichtiger, als nämlich die Frage, ob alle im Büro sind, ist, wozu man die Bürotage nutzen sollte.

Weniger Meetings, mehr asynchrones Arbeiten

Bevor wir von jetzt auf sofort ins Homeoffice katapultiert wurden, haben wir vor Ort quasi „auf Sicht“ zusammengearbeitet. Fragen ließen sich schnell klären, Entscheidungen wurden unkompliziert herbeigeführt. Nicht umsonst vermissten die meisten Mitarbeitenden in der Online-Zusammenarbeit vor allem den persönlichen Austausch mit Kolleg:innen und Vorgesetzten, den Flurfunk und die Kaffeeküche. Die Kehrseite der Medaille war, dass sich manch eine:r vor der Pandemie in ein leeres Besprechungszimmer oder eben ins Homeoffice zurückziehen musste, um sich voll auf eine Aufgabe zu konzentrieren und ungestört arbeiten zu können.

Tipp: Bürotage für synchrone Zusammenarbeit nutzen

Im Homeoffice hat die Häufigkeit von geplanten Online-Meetings deutlich zugenommen. Für jeden noch so kleinen Anlass muss ein Zeit-Slot gefunden und eine virtuelle Besprechung anberaumt werden. Nicht selten steht von 9 bis 17 Uhr ein Meeting nach dem anderen im Kalender. Spontane Gespräche gibt es eher selten. Auf knifflige Aufgaben kann man sich nur konzentrieren, wenn abends oder frühmorgens keine Meetings stattfinden. Einige Unternehmen haben deshalb ihre Mitarbeitenden angehalten, Fokuszeiten in ihre Kalender einzuplanen, also Zeiten, in denen keine Meetings stattfinden und die man dazu nutzt, konzentriert an einer Aufgabe zu arbeiten.

Was, wenn wir die Zeit, die wir in Zukunft gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen im Büro sind, vorwiegend für die synchrone Zusammenarbeit nutzen würden, also für Dinge, an denen wir gemeinsam arbeiten, bei denen wir uns kurz absprechen müssen und wo wir einen hohen Kommunikationsbedarf haben?

Die Zeit, die die Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten, wird dann für die asynchrone Zusammenarbeit genutzt. Für Aufgaben, an denen wir alleine arbeiten. Für Tätigkeiten, bei denen wir nicht gestört werden wollen. Also Schluss mit dem vollen Meeting-Tag im Homeoffice!

Vor Ort wird kommuniziert – zuhause ist Fokuszeit

Der erste Schritt in eine erfolgreiche hybride Zusammenarbeit muss also sein, dass im Team erörtert wird, wie hoch der Bedarf an gemeinsamer Kommunikationszeit vor Ort ist. Das misst sich am Verhältnis von gemeinsamen Aufgaben zu Aufgaben, an denen wir alleine arbeiten. Und das kann natürlich auch bei den einzelnen Mitarbeitenden im Team variieren. Warum sollten Software-Entwickler:innen, die ihre Aufgaben vorwiegend konzentriert und alleine erledigen, an drei Tagen im Büro um Konzentration ringen, wenn sie sich lediglich ein paar Stunden in der Woche  mit den Kolleg:innen abstimmen müssen? Sie sind wesentlich zufriedener und produktiver mit vier Homeoffice-Tagen und einem Abstimmungstag vor Ort.

Und was haben z. B. Marketing-Mitarbeitende davon, wenn sie vier Tage im Homeoffice von einem Online-Meeting zum anderen springen, wenn sie vor Ort quasi „en passant“ die vielen kleinen Abstimmungsfragen klären könnten?

Hybride Führung auf Distanz erfordert Verständnis

Führungskräfte sollten sich bei der Anzahl der gemeinsamen Bürotage nicht an ihrem eigenen Bedürfnis an „sichtbaren“ Mitarbeitenden orientieren, sondern an den Bedürfnissen des Teams, der Mitarbeitenden und des Unternehmens. Verschafft euch deshalb vor einer Entscheidung zunächst einen Überblick über das Verhältnis zwischen „eigenen“ Aufgaben und „geteilten“ Aufgaben der Mitarbeitenden. Erst dann lässt sich abschätzen, wie man die Arbeitszeit in der Zukunft sinnvoll gestalten kann.

Ein Team-Workshop als Einstieg in die hybride Zusammenarbeit

Startet in die neue Art der Zusammenarbeit mit einem Team-Workshop. Nutzt diesen, um auf die vergangenen zwei Jahre zurückzublicken und die gemeinsamen Erfolge zu feiern, aber auch, um darüber zu sprechen, was nicht so gut lief und was euch gefehlt hat. Hierzu könnt ihr z. B. das 4L-Retro nutzen. Die Teammitglieder sammeln dabei zunächst Antworten auf folgende Fragen:

2 Jahre Online-Zusammenarbeit –

  • Liked: Das war gut…
  • Learned: Das habe ich gelernt…
  • Lacked: Das ging schief…
  • Longed for: Das hat mir gefehlt…

Die Antworten sammelt man auf einem Whiteboard und priorisiert, sowie diskutiert sie anschließend. Eine Whiteboard-Vorlage für eine 4L-Retro findet ihr hier zum Download.

Aus den Ergebnissen fällt es dem Team dann leichter, im nächsten Schritt abzuleiten, wie die hybride Zusammenarbeit funktionieren kann:

  • Lasst uns möglichst viel von dem beibehalten, was gut funktioniert hat.
  • Was wir gelernt haben, beeinflusst unser Mindset und es hilft uns, unser neues Arbeitsumfeld aktiv zu gestalten.
  • Lasst uns anders machen, was nicht funktioniert hat.
  • Und lasst uns gemeinsam überlegen, wie wir das, was uns gefehlt hat, nun in der Zusammenarbeit verwirklichen können.

Im nächsten Schritt beschreiben die Teammitglieder, wie ihr persönliches Aufgabengebiet gestaltet ist. Wie oft gibt es Anlässe, um mit anderen zusammenzuarbeiten. Wie hoch ist der Anteil an Aufgaben, die man alleine erledigen kann?

Stellt das Team fest, dass es zu wenig Fokuszeit, dafür zu viele Meetings gegeben hat? Hat dem Team der persönliche Austausch gefehlt, aber es hat genossen, zuhause Ruhe zu haben? Dann sollte man jetzt diskutieren, wieviel „gemeinsame“ Arbeitszeit notwendig ist und wie viel Fokuszeit man benötigt.

Erst danach entscheidet man, wie viele Tage das Team gemeinsam im Büro verbringt.

Mitsprache in hybriden Teams führt zu Akzeptanz

Keiner hat uns gefragt, ob wir 2 Jahre im Homeoffice arbeiten wollen – wir mussten es tun. Wir müssen aber nicht zwingend alle an unsere Schreibtische in den Unternehmen zurückkehren. Können die Mitarbeitenden aktiv in den Entscheidungsprozess eingreifen und müssen nicht die Entscheidung der Geschäftsleitung einfach hinnehmen, führt dies zu mehr Akzeptanz und damit zu zufriedeneren Mitarbeitenden.

Auch interessant: So funktioniert Teamwork auf Distanz – Tipps für eine erfolgreiche Online-Zusammenarbeit

Hybrides Arbeiten = besser zusammenarbeiten online und vor Ort

Wir werden auch in Zukunft viel online zusammenarbeiten. Unser digitaler Arbeitsplatz steht uns von jedem Ort aus zur Verfügung. Und diese Arbeitsumgebung ist gekommen, um zu bleiben. Unternehmen, die sich diesem „New Normal“ verschließen, werden Schwierigkeiten haben, in Zukunft junge Mitarbeitende zu finden und an ihr Unternehmen zu binden. Deshalb lohnt es sich, die neue Herausforderung bewusst anzunehmen und gemeinsam mit denen, die zum Erfolg beitragen, mit den Mitarbeitenden, aktiv zu gestalten.

Du interessierst dich für weitere Tipps rund um das Thema Online-Zusammenarbeit? Dann wirf gerne einen Blick in unser Buch „Online Team Hacks“, erschienen im managerSeminare Verlag. Hier bekommst du Impulse und Tools für erfolgreiches arbeiten in Online-Umgebungen. Weitere spannende Themen rund um Microsoft 365 findest du außerdem regelmäßig auf unserem flecsable Blog.

 

 

 

 

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